Objektname

Kokopöl (Raubfliegenkatsina)

Künstler

Far(r)el Talaytewa, Hopi

Entstehungsort

Third Mesa, Bacavi

Datierung

1996

Provenienz

Sammlung Antonio und Christin Ferretti

NONAM Inv. Nr.

2018-FE-00058

Material

Cottonwood (Wurzelholz der amerikanischen Pappel)

Maße

22,5 x 10 x 9cm

Zeremonien

Gemischte Tänze

Beschreibung

Die tihu stellt einen Flötenspieler dar, der mit seinem Instrument in beiden Händen auf einem hölzernen Sockel steht. Beide Beine sind etwas angewinkelt, doch das rechte Bein schwebt über dem Sockel, während die sandfarbene Sohle des rechten Schuhs fest auf dem Boden steht – so als tanze die Figur. Der Sockel besteht aus einer dicken Holzscheibe, die an der Vorderseite eine Kerbe aufweist, sodass die Form eines Seerosenblatts entsteht.

Der Kopf der tihu ist schwarz gefasst, aber ein vertikaler weißer Streifen in der Mitte des Gesichts trennt die beiden Gesichtshälften voneinander. Auch der schmale, stockartige Schnabel liegt auf dem weißen Streifen. Auf beiden Seiten ist je ein tropfenförmiges Auge mit weißer Konturlinie gemalt. Über diesen befinden sich je drei zum Dreieck angeordnete weiße Punkte. Zu beiden Seiten des Kopfes ist je ein großes rotes Ohr angebracht, das zur Seite absteht. Am Scheitel des Kopfes sind Schnüre befestigt, die schräg am Gesicht vorbei hinunterreichen und auf Kinnhöhe an einer breiten reifenförmigen Halskrause enden. Diese ist ebenfalls schwarz-weiß gestreift; die einzelnen Abschnitte werden zudem von hellbeigen Ringen getrennt.

Der Oberkörper ist in eine beigefarbene Wickeljacke gehüllt, deren Kragen und unterer Rand von einem dunkelbraunen Saum besetzt sind, an den sich geometrische Muster aus Treppenelementen und parallelen Strichen anschließen. Die parallelen Striche sind Kriegermarkierungen und die Treppen erinnern an Hopi-Darstellungen von Regenwolken. Diese finden sich auch an den Schultern und an den Ärmeln. An beiden Handgelenken trägt die Figur Schmuck: an der rechten Hand ein schwarzes Band und an der linken Hand einen breiten weißen Armreif mit türkisfarbenen Steinen. Die Arme werden rechtwinklig gehalten, sodass die Hände übereinander auf dem Blasinstrument aufeinandertreffen. Das Instrument ähnelt am Mundstück zunächst einer Blockflöte, während es am Trichter einer Klarinette gleicht. Das Instrument wird vollkommen senkrecht gehalten, dabei schwebt das Mundstück kurz unter dem Kinn.

Die Beine sind in enge beigefarbene Hosen gekleidet. An den Knien spannt sich je ein schwarzes Band um die Beine, während sie an den Schienbeinen Falten werfen, da sie in die knöchellangen braunen Mokassins gesteckt sind. An den Fußgelenken werden zwei grün-rote Zierbänder vorne durch Knoten zusammengehalten.

Wissenschaftliche Einordnung

Colton übersetzt den Namen von Kokopöl mit Raubfliege bzw. Buckliger Flötenspieler. Abgesehen von einer Version mit grünem Gesicht (Kuwan Kokopöl) entspricht seine Beschreibung (mit allen kleinen Variationsmöglichkeiten) genau der abgebildeten tihu.

Kokopöl ist nicht nur im gesamten Südwesten der USA verbreitet, sondern auch in Mexiko und sogar Südamerika. Bei den Hopi erscheint er in einer Gruppe während Angk’wa, wo er Samen verschiedener Pflanzen in seinem Buckel mitbringt. Außerdem tritt er einzeln in gemischten Tänzen auf. Üblicherweise wird ihm die Rolle des Flötenspielers zugeschrieben, wenn er diese von Lenang leiht (wie bei dieser tihu). Secakuku betont jedoch ausdrücklich, dass dies ein Missverständnis sei und nicht stimme. Stattdessen hebt er hervor, dass alle Formen von Kokopöl-Katsinam für Fruchtbarkeit in der Natur und beim Menschen stehen. Dazu passt, dass gerne erzählt wird, er sei ein Verführer von Mädchen und der Bringer von Babys. Damit könnte auch die zweite Assoziation verbunden sein, da der Raubfliege nachgesagt wird, nie mit dem Kopulieren aufzuhören. Die Bezüge zur Sexualität finden sich auch in seinem Äußeren, das Wright als „von Natur aus unverhohlen phallisch“ bezeichnet. So könnte man auch die (nicht in allen Versionen) aufrechtstehende Nase und die Flöte deuten.

Deutlicher ist, dass tithu von Kokopöl vor 1900 in der Regel nackt waren oder zumindest deutlich den Penis zeigten. Dass er seitdem einen züchtigeren Auftritt hat, wird, wie Haberland wohl zurecht vermutet, mit den Missionaren und äußeren Einflüssen zu tun haben.

Verwendete Literatur

Colton 1959, Haberland 1980, Secakuku 1995, Wright 1973, Wright 1977

Name der/s Bearbeiter*in

Ida Zürn

Stand der Bearbeitung

26.08.20