Katsinam

Im Frühjahr 2013 berichteten internationale Medien über die Proteste der Hopi gegen eine Versteigerung von Katsinammasken im Pariser Auktionshaus Drouot. Die Hopi und viele Unterstützer forderten die Restitution der Masken. Auch wenn der Protest mit einer juristischen Niederlage der Hopi endete, zeigte die Debatte deutlich den Stellenwert, den die Katsinam für die Hopi haben. In der offiziellen Rückgabeforderung schrieb der damalige Tribal Chairman Leroy Shingoitewa über die Bedeutung der Katsinam:

„Diese Katsinam, oder Freunde, wie sie von den Hopi genannt werden, repräsentieren den Geist von verstorbenen Vorfahren, Tieren, Naturerscheinungen und -ereignissen sowie verschiedenen Gottheiten. Sie werden von Hopi in Verbindung mit Gebet und Zeremonien benutzt, in denen religiöse Anführer der Hopi ihrer Treuhandverpflichtung nachkommen, die Welt zu schützen.“

(4.4.2013 Schreiben von Leroy Shingoitewa, Chairman of the Hopi Indian Tribe, an Gilles Nèret-Minet, Drouot Richelieu)

In dem Brief benutzte Shingoitewa nicht einmal das Wort mask (Maske), sondern machte deutlich, dass diese auch selbst die Katsinam sind, nicht nur Objekte, die diese abbilden. In den Masken bündelt sich die spirituelle Kraft der Katsinam (Bol 2001:138). Sie werden bei Tänzen und anderen Zeremonien von Männern der Kivagesellschaften getragen, die dann die Katsinam nicht nur darstellen, sondern den Geist des transzendenten Wesens innehaben und so nicht als verkleidete Menschen auftreten.

Alph Secakuku (1995:3) bezeichnet die Katsinam als wohlwollende Geistwesen, die aus der spirituellen Welt zu den Menschen kommen, um den Hopi beizustehen und für das Wachstum und die Fruchtbarkeit der Welt zu sorgen. Sie sind „das sehr wichtige, bedeutungsvolle und segensreiche Gegenstück in einer Beziehung, die für die religiösen Überzeugungen der Hopi von unschätzbarem Wert ist“. Als Beitrag zur Fruchtbarkeit der Welt bringen sie unter anderem den Regen mit, der nicht nur die Feldpflanzen der Hopi wachsen lässt. Damit dienen sie der gesamten Gemeinschaft, auch wenn sie während der Zeremonien immer wieder individuelle Geschenke verteilen. Das können beispielsweise Nahrungsmitteln, aber auch tithu für Mädchen sowie Pfeil und Bogen für Jungen sein (Hartmann 1988:154). Da die Hopi sie als Freunde sehen, werden sie nicht angebetet, sondern sind vielmehr Vermittler zwischen den Menschen und den Göttern, die Gebete der Menschen weitertragen. Die spirituelle und unsere Welt sind so untrennbar verbunden. Führen die Hopi alle Zeremonien richtig aus, garantiert dies Frieden, Gesundheit und eine erfolgreiche Ernte (Frigout 1979:564). Doch so wie die Katsinam und die Götter für das Wohlergehen der Hopi sorgen, müssen diese durch Opfergaben auch für das Wohl der Gegenwelt sorgen (Hieb 1979:580).

Nach Frederick Dockstader (1954:25) gibt es zwei Mythen, welche die Entstehung der Katsina-Zeremonien erklären. Auch wenn sich diese zum Teil widersprechen, ist der Kern identisch. So lebten die Hopi und die Katsinam einst gemeinsam im heutigen südlichen Arizona. Die Katsinam sorgten dabei durch ihre Rituale und Zeremonien für ein gutes Leben der Hopi. Entweder weil sie von Feinden getötet oder von den Hopi nicht angemessen behandelt wurden, verschwanden die Katsinam, so dass die Hopi mit ihrer Hilfe lernen mussten, die Zeremonien selbst durchzuführen.

Hartmann (1988:152) weist darauf hin, dass in diesem Fall die Bezeichnung „Katsina(m)“ für die spirituellen Wesen genutzt wird, während sie wohl erst später auch für die tanzenden Personifikationen gewählt worden sei. Betrachtet man jedoch Shingoitewas Brief, so stellt sich heraus, dass die Hopi keinen Unterschied zwischen den transzendenten Wesen, den vom Geist der Wesen eingenommenen Personifikationen und den Masken machen. Sie sind einfach alle Katsinam und werden entsprechend behandelt – weshalb die „Masken“ auch gefüttert werden müssen.

Barton Wright (1977:2) bezeichnet Katsinam als „die geistige Essenz von Allem in der realen Welt“. Aus diesem Grund können sie den Geist von Tieren, Pflanzen, Ahnen oder natürliche Phänomene wie Wolken oder Sterne verkörpern. Wright schätzt (1973:2), dass etwa 300 Katsinam regelmäßig erschienen und weitere 200 bekannt waren, aber nur selten auftraten. Alle Zahlen sind aber mit einer gewissen Vorsicht zu genießen. So kann derselbe Katsina beispielsweise in verschiedenen Erscheinungsformen vorkommen, ohne dass dies von uneingeweihten Beobachtern erkannt wird. Katsinam können auch plötzlich zum ersten Mal erscheinen, für lange Zeit in ihrer Heimat bleiben oder nur sehr vereinzelt auftreten.

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